Wein-Adventkalender ::11:: Kapitel 1

11.12.2014

Ich habe diesen Wein als Wein des Jahres für wein.pur definiert. Er könnte jederzeit auch Wein des Tages sein. Wein für jeden Tag. Die Rede ist von Christian Tschida. „Typizität kommt aus dem Mittelmaß“, sagt er. Ein Kalenderfensterl über die Liebe zum Untypischen.
Zum wein.pur Text in ursprünglicher Länge gibt's danach als Extra des Tages einen Auszug aus einem noch nicht fertigen Text zu Tschidas „Laissez faire“ Haltung und meine Liebe dazu. 

2011 Kapitel I
Christian Tschida, Illmitz, € 18,-

Ein Buch aufschlagen, darin versinken. So ähnlich wirken die Weine von Tschida, auch der Kapitel I, bei dem man nicht am Anfang, sondern mittendrin ist im Universum des Lassens. Zweigelt und Cabernet Franc von klarem Rubin, im Glas sieht man auf den Grund - keierlei künstliche Verdichtung schon beim ersten Augenschein. Ein Schluck generiert den nächsten, etwas alte Himbeeren, mit Luft Brombeere und Zwetschke. Der Zweigelt gibt sich vornehm, legt samtige Geschmeidigkeit ganz ohne Kitsch über die Struktur des Cabernet franc. Gewürze steigen auf, werden am Gaumen zu Pfeffer, gestoßenem schwarzen oder rotem Kampotpfeffer; die elegante Süße der Frucht liebäugelt nur mit der Nase. Feine Wärme liegt im Wein, gerade genug Länge, um angenehme Spannung zu erzeugen, zum nächsten Schluck zu treiben. Und auf einmal ist die Flasche leer. Das ist Tischwein in Perfektion, passt zu jedem Essen. Ich hätte ihn auch gerne zu Fisch, ausreichend gekühlt, im großen Glas. www.tschidaillmitz.at

My Tschida
Ich liebe Tschida. Jacqueline, die Freundin des Winzers Christian Tschida, versteht das. Schließlich geht es mir um das, was in den Flaschen ist. Die auch von außen betrachtet ihre Besonderheiten haben. Aber ganz zu trennen sind ja Werk und Wesen nicht. Weshalb es natürlich auch eine Verbindung zum Menschen Christian Tschida gibt. Über die Musik zum Beispiel: als ich einmal bei einer Tour durch die Weingärten eine CD in seinem Auto vergaß. Kip Hanrahan. Ich vergaß immer wieder, danach zu fragen. Sie müsste noch bei ihm sein.

Noch mehr aber verbindet mich mit ihm, wie er arbeitet, was er nicht macht. Dieses Nicht, das seine Arbeit kennzeichnet. In seinen Illmitzer Weingärten, die so ganz anders ausschauen als die der Nachbarn. Begrünung, hoch wuchernd, mähen, wozu? Oder das Nichtmachen im Keller. Der Raum mit den Fässern, weiß, strahlend, ganz schlicht, puristisch. So sind auch die Weine, klar genügsam, und doch einen Reichtum entfaltend. Der beginnt schon, wenn man die Nase ins Glas hält und nicht aufhören will zu riechen. Ganz ohne handelsübliche Nasenüppigkeit. Weißburgunder, Scheurebe, Zweigelt, Cabernet Franc. Himmel auf Erden - nein, das ist nicht großspurig-prätentiös, das ist die Hommage an Hrdlicka. Von dem er einige Bilder im Haus hängen hat. Kapitel 1 – Zweigelt und Cabernet Franc. Das ist Zweigelt? Ja das ist Zweigelt. Feingliedrig, Trinkfluss, Würze, Säure. Leichtigkeit. Meine Mutter mochte Jahrgang 2010 auf Anhieb. 2011 wird der Geburtstagswein zum 60er meiner Freundin sein. Keine erdrückende Frucht. Nicht dick, sondern klar. Auch Jahrgang 2009 aus der Magnum großartig.

Dann war da noch neue Rosé „Himmel auf Erden“, ein reiner Cabernet Franc. War, denn der erste Jahrgang ist schon ausverkauft. Im Noma könnte man ihn trinken. Ein Wein, der etwas sehr ernsthaft Spielerisches hat. Wie zufällig spielerisch begonnener und dann unglaublich in die Länge und Tiefe gehender Sex. So in etwa. Ich liebe Tschida. 

Über den weißen Himmel auf Erden habe ich 2011 hier geschrieben.
In München ist Tschida bei 225Liter zu beziehen. Die prägnanten Weinbeschreibungskärtchen im showroom dort gefallen mir ausnehmend gut.

song for Tschida wine:

 

 

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